Zur aktuellen Situation erklärt die Trierer SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Katarina Barley:
Die SPD hat in den letzten vier Jahren eine gute Regierungsarbeit geliefert. Wir haben wichtige Vorhaben durchgesetzt, wie den Mindestlohn oder die abschlagsfreie Rente ab 63, die BaföG-Reform, das Elterngeld plus, deutliche Verbesserungen bei der Pflege, eine Verdreifachung des sozialen Wohnungsbaus, die Ehe für alle und vieles mehr. Wir haben dadurch das Leben vieler Menschen verbessert.
Mit dieser Bilanz haben wir uns zur Wahl gestellt. Das Ergebnis war leider, dass die Wählerinnen und Wähler allen drei Parteien der Großen Koalition das Vertrauen massiv entzogen haben: CDU und CSU haben 9 Prozentpunkte verloren und ihr schlechtestes Ergebnis seit 1949 erhalten. Bei uns betrugen die Stimmeneinbußen fünf Prozentpunkte, auch das ist ein historischer Verlust.
Nach einem solchen Ergebnis sollte niemand einfach so weitermachen wie bisher. Deshalb hat die SPD die Konsequenzen aus dem Wählervotum gezogen und beschlossen, als stärkste Oppositionskraft im Deutschen Bundestag Verantwortung für unsere parlamentarische Demokratie und den Zusammenhalt des Landes zu tragen. Denn gerade angesichts einer rechtspopulistischen Fraktion im Deutschen Bundestag ist auch das Übernehmen der Oppositionsführerschaft eine staatstragende Aufgabe.
Andere haben ihre Verantwortung aus dem Wahlergebnis nicht wahrgenommen. Der derzeitigen Bundeskanzlerin ist es nicht gelungen, ein stabiles Bündnis aus CDU, CSU, Grünen und FDP zu bilden. Die Sondierungsgespräche sind nach fast zweimonatigen Verhandlungen gescheitert, ohne dass man die Gründe dafür wirklich kennt. Da ich bei den Gesprächen nicht dabei war, halte ich mich mit Schuldzuweisungen an Einzelne zurück.
Damit bringen die gescheiterten „Jamaikaner“ das Land in eine schwierige Lage. Dieselben, die vor der Wahl noch sagten, ständige Große Koalitionen seien nicht gut für die Demokratie und die obige Analyse des Wahlabends teilten, haben jetzt nichts schnelleres zu tun, als mit dem Finger auf die SPD zu zeigen.
Die SPD übernimmt mehr als alle anderen seit 154 Jahren staatspolitische Verantwortung. Ich erinnere nur daran, dass schon 2013 eine schwarz-grüne Regierung möglich gewesen wäre. Wir werden auch jetzt verantwortungsbewusst handeln und Gespräche mit dem Bundespräsidenten führen. Die Lage wird nun von den Verfassungsorganen und zwischen den Parteien erörtert werden müssen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, jeweils mit Gründen dafür und dagegen.
Bis dahin haben wir einen gewählten Bundestag, der arbeitsfähig ist und auch Gesetze beschließen kann. Das kann ohne Koalition sogar besondere Möglichkeiten eröffnen, weil dann Einigungen jeweils im Einzelfall gefunden werden können und müssen. Und eine geschäftsführende Regierung haben wir auch, die ihre Arbeit weiterhin verantwortungsvoll macht. Das gilt auch für mich mit zwei wichtigen Ministerien – nach wie vor viel Arbeit, die ich aber gerne übernehme.