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Ein starkes Bekenntnis zu Europa

Was mich persönlich ganz besonders freut ist das starke und unmissverständliche Bekenntnis zu Europa, das sich durch den gesamten Koalitionsvertrag wie ein roter Faden zieht. Leitbild dieses Bekenntnisses ist ein echter föderaler europäischer Bundesstaat. Schon in den Römischen Verträgen von 1957 haben wir uns einer „ever closer Union“ verschrieben. In der neuen Koalition wollen wir dieser Idee mit einer aktiven Europapolitik Wirkung verleihen.  

Eine erste Chance hierzu bietet die Konferenz zur Zukunft Europas. Als Mitglied des Konferenzplenums ist es mir ein ganz besonderes Anliegen, dass die von den EU-BürgerInnen in der Konferenz gesetzten Reformimpulse aufgegriffen werden. Hierfür schlägt der Koalitionsvertrag einen Verfassungskonvent im Anschluss an die Zukunftskonferenz vor. Ein solcher Konvent würde eine echte Umgestaltung der EU durch wichtige und notwendige Änderungen ihrer Verträge ermöglichen.  

Ganz besonders wichtig ist uns dabei, die Mitwirkung und die Rechte der EU-BürgerInnen zu stärken. Dafür setzt sich die neue Koalition für ein einheitliches europäisches Wahlrecht mit teils länderübergreifenden Wahllisten ein, das durch ein verbindliches Spitzenkandidatensystem ergänzt werden soll. Außerdem will die Koalition das Europäische Parlament, als einziges direkt von den EU-BürgerInnen gewähltes EU-Organ, stärken. Dafür soll es endlich das Recht bekommen, Gesetzgebungsverfahren einzuleiten. Das kann bislang nur die Europäischen Kommission. All diese Änderungen gemeinsam können die europäische öffentliche Debatte beflügeln und die EU weiter demokratisieren.  

Um die Rechte der EU-BürgerInnen umfassend schützen zu können, müssen diese auch in möglichst vielen Situationen anwendbar sein. Derzeit sind die Rechte aus der EU-Grundrechtecharta allerdings nur dann vor dem Europäischen Gerichtshof einklagbar, wenn ein Mitgliedsstaat „europäisches Recht durchführt“. Wann genau das der Fall ist, ist seit jeher umstritten. Die Koalition wird sich nun dafür einsetzen, dass die Rechte aus der EU-Grundrechtecharta auch dann eingeklagt werden können, wenn es um rein nationale Sachverhalte geht. Damit würde der Grundrechtsschutz für alle BürgerInnen ausgeweitet werden und die bestehende Rechtsunsicherheit um den Anwendungsbereich der Charta ausgeräumt werden.  

Mit dem Schutz der Rechte der EU-BürgerInnen eng verbunden ist auch der Schutz unserer gemeinsamen europäischen Werte. Die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit in der EU ist mir ein ganz besonderes Anliegen und beschäftigt mich vor allem bei meiner Arbeit im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) im Europäischen Parlament. Die Koalition will erreichen, dass die bereits bestehenden Rechtsstaatsinstrumente sowohl von der Europäischen Kommission als auch im Rat endlich konsequent angewendet und durchgesetzt werden. Das Europäische Parlament hat deshalb sogar schon eine Untätigkeitsklage gegen die Kommission eingeleitet. Wichtig ist außerdem, dass die künftige Bundesregierung ihr „Ja“ zu den nationalen Wiederaufbauplänen im Rahmen des Corona-Wiederaufbaufonds an die Sicherung einer unabhängigen Justiz knüpft. Denn ohne eine unabhängige Justiz kann der Einsatz der gewährten EU-Mittel nicht effektiv kontrolliert werden.  

Die ehrgeizigen Ziele der neuen Koalition in der Europapolitik zeigen, dass sie sich der ganz besonderen Verantwortung Deutschlands als größtes Mitgliedsland der EU bewusst ist. Ich bin überzeugt, dass wir mit dem nun vereinbarten Koalitionsvertrag einen wertvollen Beitrag dazu leisten können, dass die EU demokratischer, handlungsfähiger und gerechter für alle wird.